Barrierefreies Webdesign - was ist das?
Oft wird bei der Gestaltung von Websites nicht berücksichtigt, dass es viele
Menschen mit unterschiedlichen Einschränkungen oder Behinderungen gibt. Es gibt
bestimmte Techniken, die so genannte "Barrieren" zwischen den Nutzerinnen und Nutzern und ihrem Zugang
zum Internet aufbauen.
Einige Barrieren wie fehlende Farbkontraste, unstrukturierte Inhalte,
unverständliche Sprache, fehlende Beschreibung multimedialer Inhalte wie zum
Beispiel Alternativtexte für Bilder seien kurz erwähnt.
Barrieren ergeben sich vor allem dann, wenn ein Mensch schlecht oder gar nicht
sehen kann, er in seiner Bewegung eingeschränkt ist und deshalb die Maus nicht
betätigen kann oder wenn er schlecht oder gar nicht hört. Weitere Barrieren
sind zum Beispiel kognitive Beeinträchtigungen wie Konzentrationsschwäche.
Vor allem Sehbehinderte und Blinde, die mit dem Computer ins Internet wollen,
stehen vor großen Barrieren. Sie benutzen spezielle Hilfsprogramme, so genannte
Screenreader.
Die Übersetzung des Bildschirminhalts durch den Screenreader erfolgt entweder
über eine Soundkarte oder in Blindenschrift über die Braille-Zeile. Das ist ein
spezielles Ausgabegerät, das Teile des Bildschirminhaltes in Blindenschrift auf
einem taktilen Display wiedergibt und meist mit einer Tastatur als Ein- und
Ausgabegerät kombiniert wird.
Aber nicht nur Menschen mit Behinderungen wird der Zugang zum Netz erschwert,
sondern jeder, der keinen Standard-Computer mit Standard-Eingabe- und
Ausgabegeräten einsetzt, hat Schwierigkeiten das Internet nutzen zu können.
Barrierefreies Webdesign sollte von allen Menschen unabhängig von körperlichen
oder technischen Möglichkeiten uneingeschränkt genutzt werden können.
Barrierefreie Websites können nicht nur mit verschiedenen Browsern und
Betriebssystemen, sondern auch mit unterschiedlichen Geräten betrachtet werden,
wie zum Beispiel mit dem Mobiltelefon oder mit dem Personal Digital Assistant
(PDA).
Barrierefreiheit
auf EU-Ebene
In vielen Ländern gibt es bereits rechtliche Bestimmungen, die Richtlinien für
barrierefreie Websites vorschreiben. Österreich hat sich auf EU-Ebene
verpflichtet, die WAI-Leitlinien (s.u.) umzusetzen.
Die Web Content Accessibility Guidelines (WCAG) der Web Accessibility
Initiative (WAI) legen fest, wie eine Website gestaltet sein muss, damit sie
für alle zugänglich ist. Es werden bei den WAI-Empfehlungen drei
Konformitätsstufen unterschieden: die Minimalerfüllung "A", die
nächste Priorität "AA" und der höchstmögliche Standard
"AAA".
Mehr
zum Thema Barrierefreiheit gibt es zum Beispiel bei:
World Wide Web Consortium
http://www.w3.org/
W3C Web Accessibility Initiative
http://www.w3.org/WAI/
Richtlinien für barrierefreie Webinhalte (WCAG) 2.0
http://www.w3.org/TR/WCAG20 <http://www.w3.org/TR/WCAG20/>
Zugänglichkeitsrichtlinien für Web-Inhalte 1.0
http://www.w3.org/TR/WCAG10 <http://www.w3.org/TR/WCAG10/>
Gleich und gleich - Website des Bundessozialamts
http://www.bundessozialamt.gv.at/basb/Behindertengleichstellung
zu finden unter: http://www.aberer.at/htm/barrierefreiheit.shtml
W3C-Grundsätze:
http://www.w3.org/Translations/WCAG20-de/
Die vier Prinzipien der Web Content Accessibility Guidelines (WCAG) 2.0
Mit den Web Content Accessibility Guidelines (WCAG) 2.0 aus dem Jahr 2008
werden die Webstandards zur Barrierefreiheit an die moderne Webgestaltung
ausgerichtet. Sie sind gegenüber der Vorgängerversion aus 1999 technikneutral
formuliert, schließen weitergehende Aspekte wie Gestaltung, Prozesse, Multimedia
und Dynamik ein und werden ergänzt durch unzählige erläuternde Dokumente.
Die WCAG 2.0 sind pyramidenartig aufgebaut und umfassen vier Ebenen:
1. 4 Prinzipien
2. 12 Richtlinien
3. 61 Erfolgskriterien
4. unzählige Techniken
Die ersten drei Ebenen sind normativ und stellen das Fundament der Richtlinien
dar. Die vierte Ebene hingegen umfasst ergänzende Dokumente, die nicht normativ
sind und regelmäßig aktualisiert werden.
Prinzipien
Die vier Prinzipien der WCAG 2.0 stellen die Basis der Richtlinien dar:
*Prinzip 1: Wahrnehmbar* — Informationen und Bestandteile der
Benutzerschnittstelle müssen den Benutzern so präsentiert werden, dass diese
sie wahrnehmen können. Nutzer müssen die Inhalte also wahrnehmen können bzw.
die Inhalte dürfen nicht für alle Sinne eines Nutzers unsichtbar sein.
*Prinzip 2: Bedienbar* — Bestandteile der Benutzerschnittstelle und Navigation
müssen bedienbar sein. Nutzer müssen also die Benutzerschnittstelle bedienen
können bzw. die Benutzerschnittstelle darf keine Interaktion erfordern, die von
einem Nutzer nicht durchgeführt werden kann.
*Prinzip 3: Verständlich* — Informationen und Bedienung der
Benutzerschnittstelle müssen verständlich sein. Nutzer müssen die Inhalte und
die Bedienung der Benutzerschnittstelle verstehen können bzw. Inhalt und
Bedienung dürfen nicht über das Verständnis der Nutzer hinausgehen.
*Prinzip 4: Robust* — Inhalte müssen robust genug sein, damit sie zuverlässig
von einer großen Auswahl an Benutzeragenten einschließlich assistierender Techniken
interpretiert werden können. Nutzer müssen auf Inhalte auch bei technischem
Fortschritt zugreifen können bzw. wenn Techniken und Zugangssoftware sich
weiterentwickeln, muss der Inhalt weiterhin zugänglich bleiben.
Richtlinien
Den vier Prinzipien der WCAG 2.0 sind zwölf Richtlinien zugeordnet, welche die
Grundziele für die Erstellung barrierefreier Webinhalte bilden. Diese
Richtlinien sind unabhängig von konkreten Techniken (wie z.B. HTML oder CSS)
formuliert. Damit sollen sowohl aktuelle als auch zukünftige Techniken im Web
barrierefrei umgesetzt werden können.
Es gibt viele Richtlinien zur Nutzbarkeit von Webinhalten. In der WCAG 2.0
werden nur solche Richtlinien formuliert, die den Zugang und die Nutzbarkeit
durch Menschen mit Behinderungen betreffen. Die Richtlinien sollen
sicherstellen, dass Inhalte für möglichst viele Nutzer zugänglich sind und dass
Inhalte entsprechend den Fähigkeiten behinderter Nutzer
angepasst werden können.
* *Richtlinie 1.1 Textalternativen*: Stellen Sie Textalternativen
für alle Nicht-Text-Inhalte zur Verfügung, so dass diese in andere vom Benutzer
benötigte Formen geändert werden können, wie zum Beispiel Großschrift, Braille,
Symbole oder einfachere Sprache.
* *Richtlinie 1.2 Zeitbasierte Medien*: Stellen Sie Alternativen
für zeitbasierte Medien zur Verfügung.
* *Richtlinie 1.3 Anpassbar*: Erstellen Sie Inhalte, die auf
verschiedene Arten dargestellt werden können ({z.B.} einfacheres Layout), ohne
dass Informationen oder Struktur verloren gehen.
* *Richtlinie 1.4 Unterscheidbar*: Machen Sie es Benutzern
leichter, Inhalt zu sehen und zu hören einschließlich der Trennung von Vorder-
und Hintergrund.
* *Richtlinie 2.1 Per Tastatur zugänglich*: Sorgen Sie dafür, dass
alle Funktionalitäten per Tastatur zugänglich sind.
* *Richtlinie 2.2 Ausreichend Zeit*: Geben Sie den Benutzern
ausreichend Zeit, Inhalte zu lesen und zu benutzen.
* *Richtlinie 2.3 Anfälle*: Gestalten Sie Inhalte nicht auf Arten,
von denen bekannt ist, dass sie zu Anfällen führen.
* *Richtlinie 2.4 Navigierbar*: Stellen Sie Mittel zur Verfügung,
um Benutzer dabei zu unterstützen zu navigieren, Inhalte zu finden und zu
bestimmen, wo sie sich befinden.
* *Richtlinie 3.1 Lesbar*: Machen Sie Inhalt lesbar und
verständlich.
* *Richtlinie 3.2 Vorhersehbar*: Sorgen Sie dafür, dass
Webseitenvorhersehbar aussehen und funktionieren.
* *Richtlinie 3.3 Hilfestellung bei der Eingabe*: Helfen Sie den
Benutzern dabei, Fehler zu vermeiden und zu korrigieren.
* *Richtlinie 4.1 Kompatibel*: Maximieren Sie die Kompatibilität
mit aktuellen und zukünftigen Benutzeragenten, einschließlich assistierender
Techniken.
Erfolgskriterien
Die zwölf Richtlinien der WCAG 2.0 werden weiter unterteilt in 61
Erfolgskriterien, und erst diese Erfolgskriterien bieten konkrete
Handlungsanweisungen für eine barrierefreie Umsetzung. Die Erfolgskriterien
sind vielseitig einsetzbar, u.a. als Grundlage für das Testen der
Barrierefreiheit.
Die einzelnen Erfolgskriterien sind allgemein formuliert, so dass sie sich auf
beliebige Webtechniken anwenden lassen. Außerdem sind alle Erfolgskriterien
technisch überprüfbar. In der WCAG 2.0 wird jedes Erfolgskriterium durch zwei
Links ergänzt, die auf erläuternde Dokumente verweisen. In den erläuternden
Dokumenten sind u.a. folgende Inhalte zu finden:
* ausreichende bzw. "sichere" Techniken, deren Einsatz
zur Erfüllung des Erfolgskriteriums führen,
* weitere empfohlene Techniken,
* Erläuterungen zum Zweck und Nutzen des Erfolgskriteriums,
* Beispiele für die Umsetzung. und
* Hinweise zur Überprüfung.
Die Erfolgskriterien werden im Übrigen drei verschiedenen Konformitätsstufen
zugeordnet: Konformitätsstufe A (25 Erfolgskriterien) mit einer geringen
Konformität, Konformitätsstufe AA (13 Erfolgskriterien) und Konformitätsstufe
AAA (23 Erfolgskriterien) mit der höchsten Konformität mit den Richtlinien.
Die Erfolgskriterien können Sie auf folgenden Seiten nachlesen:
* auf den Seiten des W3C: dort finden Sie die kompletten Extern:
Web Content Accessibility Guidelines 2.0 in einer deutschen Übersetzung
<http://www.w3.org/Translations/WCAG20-de/>.
* auf meiner Firmenseite: Dort stelle ich
eine Extern: Kurzreferenz
für die WCAG 2.0 <http://2bweb.de/wcag20/>bereit.
* auf diesem Webauftritt: Die Intern:
Erfolgskriterien der WCAG 2.0
<http://www.barrierefreies-webdesign.de/richtlinien/wcag2-bitv2-vergleich.html>werden
den Bedingungen der BITV 2.0 gegenübergestellt.
Techniken
Die Techniken der WCAG 2.0 sind im Gegensatz zu den Prinzipien, Richtlinien und
Erfolgskriterien informativ. Indem die Techniken von dem normativen Teil gelöst
sind, ist es möglich, die Maßnahmen für ein barrierefreies Webdesign an den
technischen Fortschritt und anderen Entwicklungen anzupassen. So können auf der
einen Seite die Techniken verfeinert und inhaltlich ergänzt werden und auf der
anderen Seite auf weitere Formate und Sprachen ausgedehnt werden.
Beispielsweise wurden die Techniken zu Flash erst in 2010 zu den Techniken
hinzugefügt.
Die Techniken, die für ein Erfolgskriterium eingesetzt werden können, werden in
den erläuternden Dokumenten eines Erfolgskriteriums aufgelistet und
aktualisiert. Die Techniken werden dabei nach ausreichenden und empfohlenen
Techniken unterschieden:
1. Die ausreichenden Techniken sind Techniken, die zur Erfüllung eines Erfolgskriteriums
sicher eingesetzt werden können. Oft können dabei alternative Techniken
eingesetzt werden, um der Anforderung zu genügen. Gleichzeitig ist die Liste
der ausreichenden Techniken nicht erschöpfend, d.h. es kann andere,
nicht-dokumentierte Techniken geben, die ein Erfolgskriterium ebenfalls
erfüllen.
2. Es werden auch empfohlene Techniken aufgeführt. Diese Techniken
reichen in der Regel nicht aus, um ein Erfolgskriterium zu erfüllen, können
aber die Barrierefreiheit trotzdem fördern. Warum die empfohlenen Techniken
nicht ausreichende Techniken sind, kann verschiedene Gründe haben:
* Die Techniken können den Anforderungen
eines Erfolgskriteriums nicht vollständig genügen.
* Die Techniken sind nicht (technisch)
überprüfbar.
* Die Techniken sind nur in bestimmten
Situationen effektiv, in anderen Situationen können Sie die Barrierefreiheit
evtl. einschränken.
Die einzelnen Techniken sind nicht an einem einzigen Erfolgskriterium
gekoppelt. Einige Techniken sind gleich für mehrere Erfolgskriterien
einsetzbar. Entscheidend ist aber, dass das Erfolgskriterium erfüllt wird,
nicht welche Technik eingesetzt wird.
zu finden unter: http://www.barrierefreies-webdesign.de/wcag2/