Wie erstelle ich einfache Texte für Menschen mit Lernbehinderungen?
     (von Franz Hoffmann und Gerhard Wagner)


       Grundregel

Wer einen Text in leichter Sprache erstellt, achtet auf eine verständliche und einfache Sprache - aber bitte nicht kindlich, es geht um erwachsene Menschen. Wenn ich Texte in kleine Portionen teile, sind sie leichter verständlich.

Wenn es Bilder und Symbole gibt, umso besser: Das erleichtert das Verständnis.

Ich erarbeite den Text gemeinsam mit jemandem aus der Zielgruppe. Der macht mich darauf aufmerksam, was nur schwer zu verstehen ist.

 

       Zuerst: Für wen schreibe ich?

Wenn ich weiß, was die Leute können, kann ich mich vor dem Schreiben darauf einrichten. Vielleicht kann ich vor dem Schreiben jemanden aus der Gruppe treffen und die Interessen und Fähigkeiten kennen lernen.

 

      Wie kann ich Texte vereinfachen?

1. Vor dem Schreiben überlege ich, wie ich diesen Text in übersichtliche Einheiten bringen kann. Ich möchte eine gut aufgebaute Geschichte erzählen. Dabei lasse ich Unwichtiges weg (Einleitungen, Kommentare, etc. ). Ich gehe davon aus, dass die Leser kein Vorwissen haben. Daher muss ich manches genauer erklären.

2. Ich verwende eine einfache, unkomplizierte Sprache. Wenn es geht, verwende ich keine abstrakten Begriffe. Wenn sie notwendig sind, dann erkläre ich sie. Ich verwende möglichst kurze Worte aus der Alltagssprache, vermeide aber Dialekt. Ich verwende direkte Rede unter Anführungszeichen, keine indirekte Rede!

3. Wie kann ich Interesse wecken? Ich stelle manchmal kurze Fragen voran oder fasse am Schluss nochmals in anderen Worten zusammen. Praktische Beispiele erleichtern das Verständnis und sind meist interessant.

4. Wenn ich meine Leser anspreche, dann mit Respekt: Der Kunde ist König!

5. Kurze Sätze werden meist sofort verstanden, komplizierte Sätze manchmal gar nicht! Am besten verwende ich nur einen wichtigen Gedanken in einem Satz

6. Ich verwende positive Sprache und vermeide unnötige Verneinung. Doppelte Verneinungen sind zu unverständlich.

7. Ich verwende lieber aktive als passive Zeitworte. Ich berichte über denjenigen, der etwas tut. Im Passiv weiß man oft gar nicht, wer etwas macht.

8. Ich vermeide Möglichkeitsformen. In einfacher Sprache reicht die Gegenwart und die Vergangenheit als Zeiten aus. Auch Zukünftiges kann ich in der Gegenwart ausdrücken.

9. Ich verwende möglichst immer die gleichen Begriffe und verwirre nicht mit einer Variation an Worten, die dasselbe bedeuten.

10. Ich brauche keine Fremdworte, Fachausdrücke, Abkürzungen, Initialien … und wenn sie notwendig sind, dann erkläre ich sie.

11. Ich bleibe kurz und bündig und verliere nicht den Faden.

12. Ich verwende eine größere, klare Schrift (am besten eine einfache 16 Punkt-Schrift: z. B. Tahoma)

13. Ich verwende Bilder und Fotos, weil das für die Leser leichter zu verstehen ist - und auch interessanter.

 

       Nachkontrolle (Rückbindung)

Wenn ich den Text geschrieben habe, gebe ich Leuten der Zielgruppe zu lesen.

Mit ihnen bespreche ich, was sie schwer oder gar nicht verstehen können, weil es zu kompliziert geschrieben ist.

Denn: Je einfacher der Text ist, umso mehr Leute können ihn verstehen!

 
       Weitere Literatur zum Thema:

Franz Hoffmann/Christine Stampfer (2003): Easy to read - Leicht(er) Lesen. In: Medienimpulse. Beiträge zur Medienpädagogik 43 - Wien. S. 44-47

http://www.freak-online.at/verein/tipps-tricks/tipps-tricks-4-texte-fuer-leichter-lesen/


Anbei einige Texte in LL-Sprache, herausgegeben vom Sozialministerium:
http://www.bmask.gv.at/site/Service/Barrierefreiheit/Leichter_Lesen_Texte/

 

   So kann es jeder verstehen:

Das Konzept der leichten Lesbarkeit soll Menschen mit Behinderung dabei helfen, ihr Leben selbständiger und selbstbestimmt leben zu können. Menschen mit erschwerter Lesesozialisation haben durch leicht lesbare Dokumente die Möglichkeit, sich selbständig für Informationen zu entscheiden und sich diese bei Bedarf zugänglich zu machen. Hierdurch können sie in vielfältigen Situationen ihr Leben möglichst eigenständig planen, bewältigen und ihre Rechte einfordern. Durch eine barrierefreie Gestaltung schriftsprachlicher Informationen kann so ein wichtiger Beitrag zur Teilhabe beeinträchtigter Menschen geleistet werden.

 

     Das Konzept der leichten Lesbarkeit

Was ist leichte Lesbarkeit? Ein Text ist leicht lesbar, wenn der Leser den Sinn ohne Schwierigkeiten entnehmen und verstehen kann. Verstehen ist hierbei als ein sehr individuelles Empfinden zu verstehen, da jeder Leser über unterschiedlichen Fähigkeiten und Erfahrungen verfügt.

Darum ist es wichtig, die Nutzergruppe auf allen Ebenen in den Prozess der Textdarstellung einzubeziehen. Hier sind Menschen mit Behinderung Experten in eigener Sache: Sie müssen nicht nur bei der Auswahl der Informationen, sondern auch bei der Texterstellung im Mittelpunkt stehen. Nur so kann eine erneute Bevormundung vermieden und die Gefahr umgangen werden, dass Menschen mit Behinderung wiederum von außen beurteilt, bzw. Informationen selektiert werden. Nur durch ihre intensive Beteiligung kann das Konzept der leichten Lesbarkeit wirksam umgesetzt und für Menschen mit Beeinträchtigung zu einem Mittel der Selbstbestimmung werden.

 

     Wie gestalte ich ein leicht lesbares Dokument?

Bei der Gestaltung eines leicht lesbaren Dokumentes sollte man unter Berücksichtigung der Zielgruppe verschiedene Regeln beachten. An dieser Stelle können hierfür Hauptaspekte dargestellt werden:

 

   * *Sprachliche Faktoren*


Verwenden Sie eine einfache Sprache. Sprachliche Einfachheit darf aber nicht mit einer kindlichen Ausdrucksweise gleichgesetzt werden. Der sprachliche Ausdruck sollte entwicklungs- und altersgerecht sein.

   **Zu einer einfachen Sprache gehört:*

Verwenden Sie geläufige, alltagssprachliche Begriffe. Technische Ausdrücke, Fachvokabular, Fremdwörter und Abkürzungen sollten Sie vermeiden. Stehen keine allgemein bekannte einfache Begriffe zur Verfügung, sollten neue Wörter oder unbekannte Inhalte immer mit Hilfe geläufiger Vokabeln erklärt werden.

-         Verwenden Sie für einen Gegenstand oder Sachverhalt im Text nur einen Begriff und dieselbe Abbildung.

-         Verwenden Sie kurze Wörter.

-         Bevorzugen Sie positive Aussagen und vermeiden Sie Verneinungen.

-         Wählen Sie die aktive Form (z.B.: liegt statt wird gelegt). Vermeiden Sie die Möglichkeitsform Konjunktiv (könnte liegen, o.ä.).

-         Sprechen Sie den Leser möglichst oft persönlich an (z.B:. "Sie haben das Recht..."). Dazu sollte im Vorfeld die gewünschte Anredeform (Sie/Du) mit der Nutzergruppe geklärt werden.

-         Stellen Sie nur einen Gedankengang pro Satz vor (kurze Sätze).

-         Vermeiden Sie zu abstrakte Inhalte. Wenn dies nicht möglich ist, helfen konkrete Beispiele.

-         Verwenden Sie einfache Sätze ohne Verschachtelung und eine einfache Zeichensetzung (Vermeiden Sie Strichpunkte, Gedankenstriche, Kommas)

-         Verwenden Sie eine klare Satzgliederung. Das Subjekt soll den Satzanfang bilden (z.B.: Das Kind). An zweiter Stelle sollte immer die Handlung (z.B.: spielt mit dem Ball) sein.

-         Wiederholen Sie wichtige Inhalte.

Die hier dargestellten "sprachlichen Faktoren" bieten ebenfalls hilfreiche Anhaltspunkte für die verbale Sprache (z.B. Vorträge). Auch hier sollte man eine Ausgrenzung durch unverständliche Formulierungen vermeiden.

   * *Textgestaltung:*

Neben der Sprache ist auch die äußerliche Gestaltung eines Textes für die Lesbarkeit von Bedeutung. Der Text muss also gut wahrnehmbar sein. Hierbei helfen folgende Regeln:

-         Wählen Sie eine klare und bekannte Schriftart (z.B. Arial). Wechseln Sie innerhalb eines Dokuments nicht zwischen den Schriftarten.

-         Wählen Sie eine große Schriftgröße (mindestens 12 Punkt).

-         Verwenden Sie für jeden Satz eine Zeile. Sollte dieses nicht möglich sein, brechen Sie die Zeile dort um, wo Sprechpausen gemacht werden.

-         Wählen Sie linksbündige Schrift. So sind alle Buchstaben- und Wortabstände gleich.

-         Verzichten Sie auf Trennungen von Wörtern.

-         Bei Zahlen verwenden Sie immer die Zahl selbst, nicht das ausgeschriebene Wort. Dies gilt auch bei Zahlen unter 12. Ersetzen Sie große Zahlen möglichst durch vorstellbare Begriffe (z.B.: viele, einige). Sind große Zahlen erforderlich, gruppieren Sie diese.

-         Vermeiden Sie römische Ziffern und schreiben Sie Datumsangaben aus (z.B. 3. Mai 2006).

-         Je weniger Lesekompetenz die Lesegruppe hat, desto mehr sollten Fotografien, Zeichnungen oder Symbole zur Unterstützung des Textverständnisses eingesetzt werden. Die benutzten Illustrationen sollten in jedem Fall eindeutig sein und auch in kopierter Form deutlich bleiben.

-         Bauen Sie den Text logisch auf und gliedern Sie ihn gut. Dazu gehört auch, dass zusammenhängende Inhalte an einer Stelle im Text behandelt werden. Überschriften und Absätze helfen bei der Gliederung.

-         Spalten oder Seitenwechsel sollten Sie nicht innerhalb eines Satzes oder eines thematischen Absatzes vornehmen.

-         Wählen Sie einen einfarbigen, hellen Hintergrund.

Zusammenstellung: Lebenshilfe Bremen, Büro für leichte Sprache: wessels@lebenshilfe-bremen.de

zu finden unter: http://www.oear.or.at/barrierefrei-gestalten/barrierefreie-kommunikation/leichter-lesen/

Anbei noch der Link von biv-integrativ zum Thema Leichter Lesen: http://www.biv-integrativ.at/biv.php?s=c51

 

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